Unterwegs mit den Frauen in Rumbek
Ist ein Mann mehr wert als eine Frau? Dürfen Männer über die Zukunft von Frauen entscheiden und Sie kaufen oder verkaufen? So absurd diese Fragen für einen Mitteleuropäer klingen, so relevant sind diese Themen immer noch auf dem afrikanischen Kontinent. proSudan fördert daher umso mehr Frauen, die sich für eine stabile und unabhängige Zukunft einsetzen. Das Frauenzentrum in Rumbek ist dafür ein idealer Ort.
Zu Besuch im Frauenzentrum
Den Frauen kommt in der Friedensarbeit im Südsudan eine Schlüsselstellung zu: Sie sind es, die zu Hause die Arbeit erledigen. Sie erziehen die Kinder, während die Männer mit ihren Rindern unterwegs sind und nur schwer erreichbar sind. Die Frauen sind sehr bildungswillig, und wenn sie geschult werden, dann hebt das ihre Moral, ihr Selbstbewusstsein und ihren Einfluss auf die Gesellschaft. Diese neue Moral geben sie an ihre Kinder weiter. So wächst eine neue Generation mit einer neuen Einstellung heran. Der Wandel der Gesellschaft liegt also auf den Schultern der Frauen. Grund genug, um sie zu fördern und zu stärken.
Raum für die Gemeinde
Durch eigenständige Arbeit schaffen die Frauen nicht nur ein neues Selbstbewusstsein, sondern wenn nötig auch die Unabhängigkeit von Männern. Folgende Aktivitäten werden daher in dem Zentrum angeboten:
- Nähkurse: Da das Gebäude noch nicht verfügbar ist, treffen sich die Frauen jetzt noch unter einem Baum. Der Leiter, Father Henry Gidudu, hat bereits fünf Nähmaschinen – ebenfalls mit Spendengeldern von proSudan – angekauft, damit der Kurs schon während der Bauaktivitäten starten konnte. Wenn es regnet, findet der Kurs unter einem Unterstand statt. Es ist sehr beeindruckend, zu sehen, wie engagiert die Frauen an dem Nähkurs teilnehmen. Zwei Trainerinnen zeigen den etwa 30 Frauen, wie man mit Nähmaschinen umgeht. Sehr berührend ist es, wie die ältere der beiden Trainerinnen ausgezeichnet nähen kann, obwohl sie ihre Finger bei einer Lepraerkrankung verloren hatte.
- Wer weiß, was sein Körper braucht, bleibt länger gesund und stark: Daher wird in dem Zentrum auch ein Ernährungskurs angeboten, der von einer jungen Kenianerin abgehalten wird. Wie bereitet man Nahrungsmittel auf? Wie kocht man ökonomisch? Was hat es mit der Hygiene in der Küche auf sich? Diese und viele mehr Fragen werden dabei beantwortet.
- Der Raum soll auch als Schulraum für Kurse im Lesen und Schreiben dienen, denn die meisten dieser Frauen sind Analphabetinnen.
- Ebenso sollen Erste-Hilfe-Kurse abgehalten und die Frauen darüber aufklären, wie man Kinder gesund erzieht und fördert. Natürlich gehört dazu auch ein Kurs, wie man einen Haushalt ökonomisch führt.
- Da viele dieser Frauen zuhause auch kleine Grundstücke bewirtschaften, werden in Zukunft auch Landwirtschaftskurse angeboten werden.
Auch Friedenskonferenzen werden in diesem neuen Zentrum abgehalten werde. Die Frauen erhoffen sich dadurch wichtige Impulse für den Frieden in der Region. Durch Raubüberfälle und Racheakte zwischen den einzelnen Dörfern ist ihr Leben ständig gefährdet. Als erste Maßnahme haben die Frauen ihren Töchtern verboten, Männer zu heiraten, die den Brautpreis mit gestohlenen Rindern bezahlen.
Eine Frage des Geldes?
Auf die Frage hin, wie er denn den gesamten Betrieb finanzieren möchte, gibt sich der Leiter Fr. Henry Gidudu gelassen: die Frauen werden geringe Kursbeiträge zahlen und vom Verkauf der erzeugten Produkte sollte auch Erlös hereinkommen. Außerdem wird dieses Zentrum nicht nur der Pfarre zugutekommen, sondern auch die umliegenden Pfarrern und Dörfer sollten eingeladen werden, an den Kursen teilzunehmen. So wird dieses Zentrum zu einem Pilotprojekt für eine ganze Region.
In den vielen Interviews, die wir während unseres Aufenthaltes in Rumbek mit den dortigen Frauen durchgeführt haben, bestätigt sich immer wieder der große Identitätsgewinn, den diese Frauen durch den Aufbau dieses Zentrums erhalten haben. Sie fühlen sich plötzlich enorm aufgewertet, sie sehen die Möglichkeit, durch eigene Arbeit aus dem Schatten der Armut herauszutreten. Sie schöpfen neue Hoffnung, endlich für ihre Kinder in angemessener Weise sorgen zu können.